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Zusammenfassung
Derzeit ist der Ausgang der Präsidentschaftswahl in den USA am 5. November noch völlig offen. Die Nominierung von Vizepräsidentin Kamala Harris als Kandidatin der Demokratischen Partei hat den Wahlkampf neu belebt. Harris und ihr Gegenkandidat, der frühere Präsident Donald Trump, liegen in landesweiten Umfragen ebenso wie in den wichtigen Swing States weitgehend gleichauf und haben somit beide eine realistische Chance auf den Wahlsieg.
Die Republikaner haben in den Umfragen für die Kongresswahlen weiterhin einen kleinen Vorsprung in beiden Kammern und werden das Repräsentantenhaus voraussichtlich mit knappem Vorsprung halten. Allerdings erhöhen Harris‘ Kandidatur sowie ein wachsender Trend zum Stimmensplitting die Chancen der demokratischen Kandidaten und könnten in einem engen Rennen für Überraschungen sorgen.
Ungeachtet des Wahlergebnisses wird sich die nächste US-Administration noch intensiver auf innenpolitische Herausforderungen konzentrieren. Dabei stehen insbesondere die weitere Stärkung der heimischen Industrie, die Reduzierung von Abhängigkeiten von China und eine kritische Haltung gegenüber Freihandel und Globalisierung im Fokus.
Die Wahl von Trump würde die Wiederaufnahme von politischen Maßnahmen und Zielen aus seiner ersten Amtszeit bedeuten: niedrigere Steuern, weniger Regulierung, Förderung der Industrieproduktion, Zurückdrehen der Klimapolitik, stärkere Unterstützung von Erdöl- und Erdgasgewinnung in den USA und ein eher transaktionales und merkantilistisches Konzept für Handel und Sicherheit, u. a. im Hinblick auf den Umgang mit Bündnispartnern.
Mit dem Slogan einer „Opportunity Economy“ konzentrieren sich die wirtschaftlichen Vorschläge von Harris zwar auch auf die Innenpolitik und die heimische Industrie, räumen aber dem ökologischen Wandel und Investitionen in die Infrastruktur Priorität ein. Hierbei ist das Ziel der Stärkung der Mittelschicht bestimmend und staatliche Eingriffe sollen nur dann erfolgen, wenn Märkte versagen.
Eine Wiederwahl von Donald Trump hätte eine deutliche Zuspitzung der wirtschafts- und finanzpolitischen Programmatik seiner ersten Amtsperiode zur Folge, mit gravierende Folgen für die EU und Europa. Der angekündigte Importzoll von 10-20 % würde zu Spannungen im Handel führen, da diese unter anderem das Binnenwachstum in Europa untergraben würden. Wenn europäische Exporte durch eine Stärkung des US-Dollars weniger wettbewerbsfähig würden, ist eine weitere Verschärfung der Spannungen zu erwarten.
Eine Präsidentin Harris würde die Unternehmenssteuern und die Einkommensteuern für die Oberschicht erhöhen. Trump hingegen drängt darauf, den Unternehmenssteuersatz um einen Prozentpunkt zu senken, und wirbt im Wahlkampf damit, die Steuersenkungen seiner ersten Amtszeit – die umfassendste Änderung der Steuergesetze in 30 Jahren – dauerhaft beizubehalten.
Eine Regierung Harris würde die Ausgabenpläne von Biden übernehmen, die über das nächste Jahrzehnt mehrere Billionen US-Dollar in die Wirtschaft pumpen sollen. Trumps Wahlversprechen, Subventionen für Maßnahmen und Technologien für den ökologischen Wandel deutlich zu reduzieren, träfe auch europäische und deutsche Partner, die von den aktuellen Programmen besonders profitieren.
Trotz ihrer tiefen politischen und gesellschaftlichen Spaltung bleiben die Vereinigten Staaten ein attraktives Ziel für ausländische Investitionen. Es ist nicht zu erwarten, dass sich die schleichende Aushöhlung demokratischer Normen kurzfristig auf die Investitionsbedingungen auswirkt. Trump hat ein echtes Interesse an der wirtschaftlichen Stärke der USA und könnte von undemokratischen Maßnahmen absehen, wenn sich diese negativ auf das Wirtschaftsumfeld auswirkten.
Dennoch bleiben ernsthafte Bedenken mit Blick auf Rechtsstaatlichkeit und Demokratie unter einer Trump-Präsidentschaft. Trotzdem – und ungeachtet seiner Person – unterstützt die US-amerikanische Business Community seine politischen und wirtschaftspolitischen Vorstellungen weitgehend.
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